Die goldenen Regeln für (berufstätige) Eltern

Geschätzte Lesedauer: 6:30 Minuten

Auf einem Barcamp welches ich Anfang des Jahres besucht habe kam die Frage auf, wie man Arbeit und Familienleben mit (kleinen) Kindern am besten verbindet. Die Person die das Thema vorschlug war selbst Vater eines kleinen Kindes und er und seine Frau waren beide selbständig. Da es einige Interessenten zu diesem Thema gab, planten wir eine Session ein und los ging´s (dafür liebe ich Barcamps). Als ich am Wort war erklärte ich alles was ich bisher zu diesem Thema gelernt hatte – und es war teilweise ein harter Lernprozess. Diese Gedanken möchte ich heute hier teilen in der Hoffnung, dass auch andere Eltern davon profitieren können – los geht´s!

1. Teilt klar Verantwortungs-bereiche ein, nach Thema oder nach Zeitfenster. Und dann – haltet Euch daran!

Das bedeutet ganz konkret: wenn der andere grade „dran ist“, dann bestimmt er die Regeln und Du mischt Dich nicht ein. Hört sich einfach an? Ist es mitnichten! Anfangs musste ich mehrmals schwer schlucken, wenn mein Mann aus meiner Sicht „etwas falsch gemacht hat“. Ich musste mich ein paar Mal selbst zur Ordnung rufen um nichts zu sagen. Und wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, wären meine Einmischungen in 90% der Fälle gar nicht so wichtig gewesen. Was meine ich konkret? Ihr erkennt die Dinge die ich meine an Formulierungen wie „die falsche Hose anziehen“, „das falsche Frühstück machen“, „bei mir bekommt er immer…“, „Also wenn ich das mache dann…“.
Ja, Du selbst hast Deinen geregelten Ablauf und wir wissen alle, dass das mit Kindern immens wichtig ist – nicht nur weil Regeln und Routinen kleinen Kindern einen sicheren Rahmen bieten, sondern auch weil es Eltern hilft nicht total im Chaos  zu versinken. Aber: der Rahmen den Dein Partner sich schafft kann genauso gut sein! Vielleicht kommt er sogar auf bessere Lösungen – Du musst es ja nicht gleich zugeben 😉

 

2. Vermeide Diskussionen und Streits um Themen, die nur groß wirken, aber eigentlich nicht so wichtig sind.

Dieser Punkt hängt eng mit Punkt 1 zusammen. Ist es wirklich wichtig, dass die Klamotten farbtechnisch gut zusammen passen oder kann das Kind auch so in die Krippe? Dann hat der Junior eben mal zwei verschiedenfarbige Socken an – das stört das Kind sicher am Wenigsten.
Eine goldene Regel aus der Paarberatung lautet: Willst Du Recht haben oder willst Du verheiratet sein?
Darum geht´s hier. Wenn es nicht wirklich kriegsentscheidend ist, mach einen Haken dahinter, schluck´s runter und mach weiter. Du wirst sehen, nach kurzer Zeit denkst Du gar nicht mehr daran.

 

3. Mach Dich locker!

Ein befreundeter Managementtrainer sagt immer „Atmen, kucken, warten“. Damit meint er ganz einfach: Man muss nicht gleich immer was sagen oder tun, manchmal lösen sich die Dinge von alleine.
Um sich immer wieder selbst daran zu erinnern sind diese 3 einfachen Worte sehr hilfreich.  Und sag es Dir nicht nur, tu´ es auch!
Also, in der nächsten stressigen, unpassenden, herausfordernden Situation gehst Du so vor: Atme, schau Dir an was passiert und warte erstmal ab! Mit dieser Mini-Intervention kann man sich in stressigen Situationen gut selbst beruhigen und wieder „runter kommen“.

Ein weiterer interessanter Fakt hierzu hilft Dir vielleicht in Zukunft auch, ruhiger zu bleiben: In psychologischen Studien wurde festgestellt, dass Gefühlerregungen wie Ärger, die länger als ein paar Minuten andauern, selbst gemacht sind. Wie das?
Unser Gehirn reagiert auf Reize und sendet unserem Körper Signale um körperliche Vorgänge auszulösen, die zu diesem Reiz und dem damit verbundenen Gefühl gehören. Bei Ärger ist das zum Beispiel eine Erhöhung des Blutdrucks; man denke an Redewendungen wie „Ich koche vor Wut“ oder „Mir schwillt der Kamm“ oder „Mein Blut pocht“. Dies ist ein natürlicher biopsychologischer Ablauf, der zu uns Menschen gehört und unser Überleben sichern soll. Aber: wenn ich jetzt immer weiter mache indem ich über den Ärger spreche oder ständig darüber nachdenke, befeuere ich das System selbst! Das heißt, das kleine Strohfeuer, das kurze Zeit später von selbst erloschen wäre wird durch meine eigene Handlung und meine eigenen Gedanken genährt und bleibt nicht nur erhalten, sondern wächst! Dieses Prinzip ist heutzutage gut bekannt, in der Kognitiven Verhaltenstherapie gibt es deswegen auch Techniken wie den „Gedanken-Stopp“ (mehr dazu hier). Also mach es Dir doch zu Nutzen.

 

4. Akzeptiere Veränderungen und eine Änderung Deiner Glaubenssätze.

Ich weiß, wir Menschen sind Gewohnheitstiere und Veränderungen sind meist erstmal doof oder machen Angst oder stören die Routine. Aber sie bieten auch immer die Chance auf Neuanfänge und Verbesserungen. Ich z.B. hätte vor 3 Jahren niemals gedacht, dass es richtig gut funktionieren kann wenn einer eine Tätigkeit beginnt, an irgendeiner Stelle unterbricht, und der andere ohne Absprache einfach weiter macht und die Arbeit zu Ende führt. So etwas gab es in meiner Gedankenwelt nicht. Wenn ich eine Arbeit anfange, muss ich sie auch zu Ende führen oder jemandem übergeben – im Job oft inkl. Statusbericht, Einweisung, Protokoll oder was auch immer. Dafür fehlt mir jetzt im Alltag oft die Zeit.
Es kann also passieren ich komme in die Küche und finde den Geschirrspüler halb ausgeräumt vor. Oder ich finde morgens den Kindergartenrucksack des Juniors halb aus- und halb eingeräumt vor. Hört sich banal für Dich an? Birgt aber echtes Stresspotential wenn Du es morgens eilig hast weil Du das Kind in den Kindergarten und hinterher Dich zur Arbeit bringen musst. Jetzt reg Dich nicht auf, nimm die Situation wie sie ist und bring es einfach zu Ende. Fertig. Das führt mich zum nächsten Punkt:

 

5. So vorbereitet!

Wenn Du Dinge wie unter 4. beschrieben vermeiden möchtest weil Du es als zu stressig empfindest, dann nimm Dir jeden Tag kurz die Zeit und bereite Dich vor. Bei mir zum Beispiel ist es zum Ritual geworden, dass ich abends beide Taschen packe: den Kindergartenrucksack des Kleinen, inklusive gepackter Frühstücksdose im Kühlschrank, und meine Tasche – was bei mir umso wichtiger ist. Durch meine verschiedenen Tätigkeiten als Angestellte, „Studentin“ und Freiberufler brauche ich je nach Tagesprogramm unterschiedliche Sachen. Und ich bin kein Morgenmensch, für mich wäre es morgens Stress pur überlegen zu müssen „Was mache ich heute alles? Was muss ich einpacken?“
Hey, darauf hab ich morgens überhaupt keinen Bock und keine Zeit! Also nehme ich mir abends, vorzugsweise wenn der Nachwuchs schläft die Zeit, alles für den morgigen Tag zu richten. Positiver Nebeneffekt: ich komme dabei runter, schließe den Tag ab und fühle mich ruhig und vorbereitet für den nächsten Tag.

Was hat mir dabei geholfen? Weil ich mich selbst so gut kenne, kann ich meine Abläufe an meine Bedürfnisse anpassen. Dies führt mich zum nächsten Punkt:

 

6. Achte auf Dich selbst und achte auf Dich!

Klingt banal? Achtsamkeit ist sowieso grade in aller Munde? Du hast schon ein Seminar besucht und einen Achtsamkeitskalender? Na dann weißt Du ja Bescheid 😉

Mir war es dennoch wichtig diesen Punkt hier anzuführen, denn nie habe ich intensiver gelernt auf mich selbst zu achten als in der Zeit seitdem ich Mutter bin. Und immer wenn ich dachte dass ich jetzt keine Zeit habe etwas Gutes für mich zu tun – weil Eltern ja oft dazu neigen, erstmal alles für die Kinder zu geben – dann habe ich mich selbst immer an den Spruch erinnert: „Geht es Mama gut, geht´s auch dem Kind gut“ – gilt natürlich für Papi genauso 🙂

 

7. Schmiede Allianzen und pflege sie.

Ein Netzwerk zur Kinderbetreuung ist für berufstätige Eltern immanent wichtig. Darum sehe ich es auch als „Partnerschaft“ an und empfehle, gleich verbindlich zu werden wenn man sich einig ist. Was meine ich damit? Wenn Du zum Beispiel im Kindergarten Eltern gefunden hast, mit denen man sich gut versteht und mit denen man sich gut vorstellen könnte, sich gegenseitig auszuhelfen, indem man gegenseitig im Notfall die Kinder abholt, dann sprecht nicht nur darüber – werdet konkret und lasst Euch gleich gegenseitig als Abholpersonen in den Kindergartenvertrag eintragen. Somit spart Ihr nicht nur Zeit wenn der Ernstfall eintritt, sondern Ihr schafft auch ein Gefühl von Verbindlichkeit auf beiden Seiten. Ist dieser Schritt mal geschafft, bleibt man sich viel wahrscheinlicher treu und nimmt die Verpflichtung auch an – aus psychologischer Sicht übrigens der wichtigste Grund für einen schriftlichen Vertrag zwischen zwei Parteien.

 

8. Gib Dich ganz der Situation hin und sei nicht nur mit halbem Herzen dabei.

Wer mit Kindern umgeht entdeckt schnell: Kindern fordern unbedingte ungeteilte Aufmerksamkeit. Ein „halb bei ihnen sein“ akzeptieren sie nicht und zeigen dies durch ihr Verhalten ganz schnell. Also wenn Dein Kind Dir zeigen will was für einen tollen Sandkuchen es gemacht oder was für ein schönes Bild es gemalt hat – lass Dich voll und ganz auf diesen Moment ein und konzentriere Dich nur darauf.
Warum betone ich das so sehr? Weil wir Erwachsene es nicht mehr so gut können. Unsere Aufmerksamkeit heutzutage ist ein Flickenteppich und nie ganz auf nur eine Sache gerichtet. Ich will hier jetzt gar nicht groß auf die Gründe dafür eingehen, nur noch eins dazu: Wenn Du etwas mit deinem Kind unternimmst – leg das scheiß Handy weg.

 

9. Erziehung durch Vorbild

Zu Guter letzte noch eins, was ich gehört, für gut befunden und übernommen habe: Stress Dich nicht zu sehr mit bewusster Erziehung im Sinne von „ich muss das tun damit das Kind das lernt“.
Nein – Kinder werden erstmal auch von alleine groß, ohne dass wir viel dazu tun. Und sie lernen ganz einfach – indem sie uns beobachten. Darum bin ich ein Fan von „Erziehung durch Vorbild“:
Wenn ich will, dass man Kind morgens bevor es aus dem Haus geht frühstückt, dann reicht es nicht es am Tisch abzusetzen und Essen hinzustellen – ich muss mich mit dazu setzen und das Frühstück als Ritual im Alltag einbauen.
Wenn ich will dass das Kind ruhig bleibt, muss ich es selbst sein.
Wenn ich will, dass mein Kind nicht lügt, darf ich auch nicht lügen.
Wenn ich will, dass mein Kind Konflikte auf bestimmte Weisen löst, sollte ich ihm genau diese Art von Problemlösung vorleben.
Dein Kind ist Dein Spiegel und Dein Lehrmeister – sei dankbar dafür und nimm es an.

 

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